Zirkuläres Bauprojekt ‚facettenwerk‘ in Wiesbaden

CIRCULAR STRUCTURAL DESIGN, TEUFFEL ENGINEERING CONSULTANTS und die Eindhoven University of Technology TU/e haben im letzten Quartal des Jahres 2021 noch ein spannendes Projekt begonnen. Gemeinsam beraten, betreuen und begleiten wir einen großen Träger der Behindertenhilfe im Raum Wiesbaden bei einer umfangreichen und möglichst nachhaltigen Neugestaltung einer seiner Werkstätten.

Durch den Zusammenschluss dieser drei Partner kann ein noch relativ neuer Weg zirkulären Bauens beschritten werden. Der Bestand soll analysiert, dokumentiert, bewertet und zurück gebaut werden. Die Bauteile werden dann mit in den neuen Gebäuden verbaut. So nehmen sie auch Einfluss auf die Ausgestaltung der neuen Anlage. CIRCULAR STRUCTURAL DESIGN in reinster Form.

WAS IST DAS PROJEKT facettenwerk ?

Das facettenwerk – Gemeinnütziger Verein für Behindertenhilfe Wiesbaden und Rheingau-Taunus-Kreis e.V. – ist ein Ort an dem sich nicht behinderte und behinderte Menschen begegnen.

Es ist ein Verein, dem u. a. mehrere große Werkstätten, Bildungseinrichtungen, Serviceeinheiten, eine Gärtnerei und ein Café angehören. Er setzt sich für die Eingliederung, die berufliche Bildung und Integration von Menschen mit Behinderung ein. Darüber hinaus ermöglicht und fördert er mit seinen Inklusionsfirmen die Integration von Menschen mit Beeinträchtigung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Fokus der Arbeit liegt auf der Bewusstseinsbildung der Öffentlichkeit für Inklusion, Teilhabe und Vielfalt. Wir finden hier mehrere große Werkstätten, Bildungseinrichtungen, Serviceeinheiten, eine Gärtnerei und ein Café. Alles Orte an denen nicht behinderte und behinderte Menschen mit- und voneinander lernen können.

Neben der Hauptaufgabe liegt dem facettenwerk auch das Thema Nachhaltigkeit auf ökologischer, ökonomischer und sozialer Ebene für Menschen mit Behinderung am Herzen.

WAS STEHT NUN AN ?

Eine der Werkstätten soll baulich verändert werden. 3 bestehende Gebäude sollen abgerissen bzw. zurück gebaut werden und neue Arbeitsräume (Tagesförderung/ Werkstattplätze) entstehen. Das anfängliche Interesse des Bauherrn für das Thema Nachhaltigkeit konnten wir aufgreifen und fachlich vertiefen. Wir haben die Beteiligten vor Ort ausführlich beraten, so dass sich der Bauherr dafür entschieden hat unsere Expertise zu nutzen.

CSD, TEC sowie die TU/e werden die Transformation dieses Standortes von Anfang an begleiten und im Rahmen des PDEng-Projektes „Circular Structural Design“ bearbeiten.

Das Thema Nachhaltigkeit wurde also schon vor dem ersten Planungsschritt klar etabliert. Wir sind dadurch in der glücklichen Lage bereits vor dem Abriss des Bestands, möglichst CO2 neutral zu agieren. Liegt doch sonst der Fokus CO2 neutral zu bauen meist erst beim Neubau.

Möglich sind solche Projekte durch frühen Kontakt zum Auftraggeber und einem großen Interesse des Bauherrn am Thema. Noch vor der eigentlichen Neuplanung kann so der Rückbau der alten Gebäude mitgestaltet und Einfluss auf die Wiederverwendung bestehender Bauteile genommen werden.


Source: facettenwerk

WELCHE VORTEILE ERGEBEN SICH HIERAUS ?

1) Statt eines Abriss‘ werden die Bauteile bzw. der Bestand zurück gebaut, so dass (möglichst) kein Abfall entsteht.

2) Durch die Wiederverwendung/ Integration der Bestandsbauteile im neuen Tragwerk kann ein echtes Recycling erreicht werden, da Bauteile in Originalfunktion verwendet werden und somit kein Down-cycling nötig wird.

3) Damit ergeben sich folgende positive Auswirkungen: 1. Wiederverwendung reduziert Ressourcenverbraucht, 2. Keine Entsorgung von Bestandsbauteilen und damit verbundenen Emissionen und Einlagern in einer Deponie sowie 3. Kurze Wege, da das neue Gebäude mit den wiederverwendeten Bauten am gleichen Standort entstehen soll, was die Transportemissionen minimiert.

WIE GEHEN WIR VOR ?

Unser Team hat bereits im Vorfeld einen Weg erarbeitet, wie bei einer solchen Herangehensweise verfahren werden kann. Hier sehen Sie die Punkte, die uns wichtig erscheinen und an denen wir uns auch in einem ersten Schritt orientieren möchten. 1) Inventur, 2) Re-Design, 3) Rückbaukonzept, 4) Maßnahmen zur Qualitätssicherung, 5) Ökobilanz, 6) Prüfung der Wirtschaftlichkeit sowie 7) Akzeptanz bei allen Projektakteuren.

WO STEHEN WIR IM JANUAR 2021 ?

Nach ersten Ortsterminen im Oktober 2021 zur optischen Frühkontrolle, konnten wir uns einen groben Eindruck darüber verschaffen, ob Bauteile für die Wiederverwendung geeignet sind oder nicht. Außerdem konnten vor Ort bereits Fragen bezüglich Demontage, Lagerung und Logistik besprochen werden. So ergab sich folgende Situation:

1) Demontage: wir finden eine erhebliche Menge an Bauteilen vor, in denen wir Wiederverwendungspotential sehen.

2) Lagerung: Es ist ausreichend Platz auf dem Gelände vorhanden, um diese Bauteile fachgerecht zwischenzulagern.

3) Ein Rückbaupartner für nachhaltige Demontage muss im Rhein-Main-Gebiet gefunden werden

4) Der Bauherr kümmert sich darum, noch vorhandene Bestandsunterlagen zur Verfügung zu stellen

5) Ein weiterer Ortstermin wird vereinbart, um alle Projektbeteiligten auf den gleichen Planungsstand zu bringen und um die nächsten Schritte der Aufmaßplanung zu besprechen.


Source: facettenwerk

FAZIT

Wir sehen, wie wichtig es für zukünftige Projekte ist, von Anfang an das Potential der Wiederverwendung hervorzuheben und den Bauherren/ Architekten dafür zu begeistern. Hier ist noch viel Arbeit zu leisten, denn dem nachhaltigen Bauen im Bestand geht eine viel sorgfältigere Prüfung der Bauteile voraus. Das hat auch einen Einfluss auf die Zusammenarbeit von Architekten und Fachplanern. Deren Planung steht zu diesem Zeitpunkt oft noch gar nicht und die Tragwerksplanung sollte mit der Architekturplanung gemeinsame Prozesse gestalten, die bedenken, welche Geometrie sich unter Verwendung der Bestandsbauteile realisieren lässt. Das Potential ist enorm, jedoch gilt es noch mehr über die verschiedenen Etappen und den Weg zum gemeinsamen Ziel zu erproben.

Wir werden Sie über das Projekt Zukunftswerkstatt auf dem Laufenden halten.